Sportlerkollegen, Angehörige, Freunde – sie
alle hatten per Internet-Livestream das sportliche Geschehen
mitverfolgt, hatten mitgefiebert. Der kollektive Freudenschrei aus
der Heimat dürfte fast bis ins 5000 Kilometer Luftlinie entfernte
Abu Dhabi zu hören gewesen sein, wo Lukas Lorber (18) aus
Oberküps und Michelle Vetter (19) aus Grub am Forst in der
Mubadala-Arena aufs Siegerpodest stiegen. Bei ihrer ersten
WM-Teilnahme im Duo-Mixed U21 konnten die beiden Athleten des TSV
Staffelstein gleich Bronze gewinnen. Die Basis für diesen
großartigen sportlichen Erfolg wurde gelegt durch kontinuierliche
Trainingsarbeit, der auch in der Jujutsu-Sparte „Duo“ eine
wichtige Rolle zukommt.
Jubelnd recken Lukas und Michelle die Arme nach
oben, als der Gewinn der Bronzemedaille feststand. Der Erfolg
kommt aber nicht von ungefähr. Dreimal wöchentlich trainieren
die beiden beim TSV Staffelstein, hinzu kommen Krafttraining sowie
Ausdauertraining mit Joggen und Bergläufen. „Der Küpser Berg
liegt ja bei mir vor der Haustür“, lässt Lukas schmunzelnd
wissen. Überhaupt wurde viel investiert in die Vorbereitung. „Auch
Videoanalysen von den Gegnern gehören dazu“, ergänzt Michelle.
Die Teilnahme am einwöchigen Bundeskader-Lehrgang Ende Oktober in
Duisburg war verpflichtend. „Das war schon sehr anstrengend“,
räumt Lukas lachend im Rückblick ein. Aber als „Strapazen“
betrachten sie dies dennoch nicht, wurde den Athleten des
Bundeskaders hiermit ja der finale Feinschliff verliehen. Dass
Michelle und Lukas für selbigen nominiert wurden, erfüllt die
Verantwortlichen des TSV schon mit Stolz. Aber jetzt, wo sich die
Gelegenheit bietet, wollten die beiden diese auch am Schopfe
packen, legten in der Trainingsvorbereitung in den vergangenen
Wochen eben noch einmal eine Schippe drauf.
Vorbereitung hin und her – vor Ort, in Abu
Dhabi, war dann hohe Konzentration gefragt, um den Kampfrichtern
eine möglichst perfekte Demonstration der Bewegungsabfolgen zu
präsentieren (Beschreibung der Jujutsu-Sparte „Duo“ gesondert
in der Info-Box zu diesem Artikel). „Einwerfen, Vordehnen, man
geht die Bewegungsabläufe noch einmal im Kopf durch“, lässt
Lukas die letzten Momente unmittelbar vor dem Beschreiten der
Matte Revue passieren.
Die Bronzemedaille bei der WM kam keineswegs
aus dem Nichts. Seit nunmehr dreieinhalb Jahren gemeinsam im
Duo-Mixed für den TSV Staffelstein aktiv, holten Lukas und
Michelle schon im Sommer 2016, damals in der U18, in Nördlingen
den ersten deutschen Meistertitel. Auf ein Dutzend
Podestplatzierungen auf nordbayerischer bis internationaler Ebene
können sie seitdem zurückblicken. Nun in der U21 angekommen, wo
freilich noch mehr Leistung gefordert ist, ließen die zwei in der
jüngeren Vergangenheit durch weitere deutsche Meistertitel in
2018 und in diesem Jahr aufhorchen. Dass sie im Gegensatz zu den
German Open im Oktober – Lukas und Michelle wurden hier Vierte
– nun bei der WM in Abu Dhabi die bei den German Open
zweitplatzierten Russen Artem Kaplunenko und Irina Zhuraveleva
hinter sich ließen, war vermutlich einer der Schlüsselfaktoren
für die WM-Medaille. Im direkten Vergleich auf der Wettkampfmatte
behielten die TSV-Athleten gegenüber dem russischen Duo in Abu
Dhabi mit 63,0 zu 61,5 Punkten die Oberhand. Erfolgreich
gestaltete sich auch das Aufeinandertreffen mit dem zweiten bei
der WM vertretenen deutschen Duo, Lara Korn und Gero Heilig aus
Philippsburg. Bei diesem Vergleich vergaben die Wettkampfrichter
an Lukas und Michelle 64,5 Punkte, an ihre deutschen Kollegen
62,0. In der Endabrechnung mit zwei Punktesiegen in den vier
Aufeinandertreffen reichte es im Modus „each against each“
dann für Bronze - gegen die beiden bärenstarken belgischen Duos
war kein Kraut gewachsen.
Trainingsfleiß ist essentiell. Um sich gegen
die sportlichen Kontrahenten behaupten zu können, bildet die
Weitergabe des Erfahrungsschatzes seitens etablierter Jujutsuka
indes eine ebenso wertvolle Komponente. Vor diesem Hintergrund
danken die beiden Nachwuchsathleten ihrem Trainerteam vom TSV
Staffelstein, Mike Blatt und Silvia Blatt-Böhling. „Die beiden
haben uns angetrieben und motiviert, das war einfach klasse“,
betont Lukas. In ihren Dank beziehen sie genauso die beiden
Duo-Bundestrainer Markus Grimminger und Bernd Breuer mit ein –
und natürlich ihre Familien, die ihnen in den vergangenen Jahren
die wichtige Unterstützung boten. Lukas und Michelle ging das
Herz auf, als ihnen bei ihrer Rückkehr ein herzlicher Empfang mit
Überraschungsfeier bereitet wurde.
Als sie mit dem Jujutsusport begonnen, Lukas
vor neun Jahren beim TSV, Michelle vor 13 Jahren damals noch für
den TV Ebersdorf (Landkreis Coburg), dachten sie wohl nicht einmal
im Traum daran, einmal an einer WM teilzunehmen, geschweige denn
dabei auf dem Podest zu stehen. Wobei – auf dem Athletenprofil
von Lukas auf der Homepage des TSV Staffelstein ist als Ziel zu
lesen „Weltmeister“. An Ehrgeiz, eine gleichsam obligatorische
Facette des sportlichen Erfolg, mangelt es den beiden ohnehin
nicht.
Bei uns gar nicht vorstellbar, herrschen in den
Vereinigten Arabischen Emiraten auch in den kalten Monaten noch
Tageshöchsttemperaturen von 25 bis 30 Grad. Nach der Ankunft in
Abu Dhabi hatten Lukas und Michelle zwei Tage Zeit für die
Akklimatisierung – und die war natürlich auch bei der Rückkehr
wieder vonnöten. Doch die in fränkischen Gefilden im Vergleich
zum „Wüstenstaat“ mittlerweile frostigen Celsiusgrade können
die Laune der beiden Jujutsuka nicht ansatzweise trüben – die
Bronzemedaillen, der glänzende Lohn unzähliger
Trainingseinheiten, erwärmt ihr Herz.
Bei ihrem nächsten Wettkampf genießen die
beiden Heimvorteil. Ausrichter der Nordbayerischen Meisterschaft
in den Kategorien Fighting und Duo am 1. Februar 2020 ist nämlich
der TSV Staffelstein. Im kommenden Jahr wird beim TSV übrigens
auf die mittlerweile 40-jährige Historie der 1980 ins Leben
gerufenen Jujutsu-Abteilung des TSV zurückgeblickt werden. Wenn
dann von sogar auf internationaler Ebene erreichten sportlichen
Erfolgen von TSV-Athleten die Rede sein wird, reihen sich nun auch
Lukas Lorber und Michelle Vetter ein.
Bericht von Mario Deller